Mit Hilfe des AnKER-Modells können die angestrebten Lernergebnisse von Unterrichtsstunden in Schulen, Modulen in Studiengängen oder auch ganze Studiengänge systematisch beschrieben werden. Das hilft Lehrer:innen bei der Unterrichtsplanung und Hochschulangehörigen bei der Curriculumentwicklung. Das AnKER-Modell ermöglicht auch die computerunterstützte Planung von Studiengängen auf der Zielebene sowie die Prüfung der inneren Plausibilität entwickelter Curricula. Wie? Das zeige ich hier in diesem Artikel.
Warum gibt es das AnKER-Modell?
Die Entwicklung des AnKER-Modells entstand aus dem Bedürfnis, angestrebte Lernergebnisse in Studiengangentwicklungsprojekten systematisch beschreiben zu können. Seine Entwicklung ist nicht abgeschlossen, es ist daher als work-in-progress zu betrachten. Die Übertragbarkeit auf die Planung von Unterricht an Schulen und sogar ganze Bildungsgänge ist eine jüngere Erkenntnis aus meiner Auseinandersetzung mit der Technikdidaktik.
Was ist das AnKER-Modell?
Das AnKER-Modell blickt aus vier Perspektiven auf Lernziele. Es unterscheidet sich damit von der SOLO-Lernzieltaxonomie nach Biggs & Tang ebenso wie von der Bloom’schen Lernzieltaxonomie nach Anderson & Krathwohl.
Es bildet die Dimensionen von Lernzielen auf vier Skalen ab:
Autonomie – Wie eigenständig sind die Lernenden in der Operation?
Komplexität – Wie komplex ist der Unterrichtsgegenstand?
Erkenntnis – Welche taxonomische Erkenntnisstufe erreichen die Lernenden?
Reflexivität – Wie reflexiv sind die Lernenden in der Operation?
Diese Skalen haben im Modell zunächst keine Beziehung zu einander, wenngleich sich in der Praxis gewisse Zusammenhänge andeuten. Eine Untersuchung hierzu steht noch aus. Im folgenden werden die Dimensionen beschrieben.
Autonomie – Wie eigenständig sind die Lernenden in der Operation?
Steht für das Maß an Autonomie, mit dem Studierende die ihnen gestellte Aufgabe bewältigen und in einer relevanten Situation handeln.
A-1: naive Nachahmung
A-2: systematisches Vorgehen, Handeln nach Anweisung oder Vorschrift
A-3: systematisches Vorgehen, Methodik ist bekannt und wird nach eigenem Ermessen angewandt
A-4: selbstständiges Handeln nach eigenem Handlungsplan
Komplexität – Wie komplex ist der Unterrichtsgegenstand?
Steht für das Maß an Komplexität (Vielschichtigkeit) der für eine Situation bzw. Aufgabe wesentlichen…
… Objekte, Systeme (Anzahl an Elementen)
… Verknüpfungen zwischen Elementen (Anzahl, 1-zu-1, m-zu-n)
… Funktionen der Verknüpfungen (z. B. linear oder nicht linear)
… zur Lösung der Aufgabe einzusetzenden Instrumente
… Umwelt bzw. des Kontextes (klare Abgrenzung oder unklarer Kontext)
… zu treffenden Entscheidungen (unabhängige oder konflikbehaftete Ziele)
K-1: simpel
K-2: mittel
K-3: komplex
Erkenntnis – Welche taxonomische Erkenntnisstufe erreichen die Lernenden?
Steht für die Stufen der Bloomschen Lernziel-Taxonomie nach Anderson & Krathwool.
E-6: erschaffen
E-5: bewerten
E-4: analysieren
E-3: anwenden
E-2: verstehen
E-1: (er)kennen, erinnern
Hier können im Prinzip auch die SOLO-Taxonomie nach Biggs & Tang oder eigene Taxonomien genutzt werden.
Reflexivität – Wie reflexiv sind die Lernenden in der Operation?
Steht für das Maß an kritischer Distanznahme zu eigenem und fremdem Denken und Handeln, das Studierende vor, während und nach ihrem Handeln aufbringen.
R-1: unreflektiertes, reaktives Handeln
R-2: Handeln nach eigenem Plan
R-3: eigener Plan wird ausgearbeitet und schrittweise ausgeführt, jeweils auf Einhaltung/
Zielerreichung geprüft, ggf. wird Plan dann angepasst
R-4: kritische Analyse eigener und fremder Vorgehensweisen geht Handlung voraus, anschließend
wird das eigene Handeln evaluiert und Schlüsse für zukünftige Handlungen gefasst
Wie kann das AnKER-Modell genutzt werden?
Die Anwendung des AnKER-Modells setzt im Kontext der Studiengangentwicklung ein, wenn die angestrebten Lernergebnisse eines Studienmoduls oder eine Studiengangs analysiert und beschrieben werden. Das kann anhand der Stufen in den vier Dimensionen des AnKER-Modell erfolgen.
Lernziele quantifizieren
Beispielsweise können die Niveaustufen des Moduls Mathematik eines Bauingenieur-Studiengangs (lt. FBTbau) nach dem AnKER-Modell wie folgt beschrieben werden: A=3, K=2, E=3, R=3, also 3 2 3 3.
„Kenntnisse: Vektoralgebra, lineare Gleichungssysteme, Differenzial- und Integralrechnung“ -> K=2
„Die Studierenden verstehen symbolische Notationen und wenden sie an.“ -> E=2 und E=3
„Die Studierenden wählen selbständig die Techniken, Methoden und Verfahren und wenden sie zur Lösung (…) an.“ -> A=3, E=3
„Die Studierenden verifizieren ihre Ergebnisse.“ -> R=3
Lernziele effizient notieren und verarbeiten
Das AnKER-Modell damit auch kann angewandt werden, um den “didaktischen Anspruch” der angestrebten Lernergebnisse eines Moduls auf einen Blick zu erfassen und zu beschreiben. Die AnKER-Schreibweise (z. B. 3233 für das o. g. Mathe-Modul) kann zur Visualisierung des Anspruchs von Modulen und auch ganzen Studiengängen eingesetzt werden, z. B. in Netz-Diagrammen oder in einem morphologischen Kasten (vgl. Abbildung).

Lernziele im Zusammenwirken modellieren und auf Plausibilität prüfen
Die symbolische Darstellung der Niveaustufen mittels Ziffern ermöglicht darüber hinaus die Modellierung und Planung kompetenzorientierter Curricula mittels arithmetischer. Methoden und Tools, z. B. in Excel-Tabellen. Beispielsweise ermöglicht der Vergleich der zum Studierende angestrebten Niveaustufen (Studiengangziele) mit den in den einzelnen Modulen vertretenen Stufen (Modulziele) die Prüfung der inneren Plausibilität von entwickelten Studienprogrammen. Ferner ist es möglich, didaktisch und methodisch passende Arrangements aus der symbolischen Darstellung der Niveaustufen abzuleiten.
Zusammenfassung und Fazit
Das AnKer-Modell ermöglicht den mit der Planung von Unterricht oder Curricula Personen den systematischen Umgang mit Lernzielen. Es ermöglicht es,
Lernziele zu quantifizieren,
Lernziele effizient zu notieren und zu verarbeiten,
Lernziele im Zusammenwirken zu modellieren und auf Plausibilität zu prüfen.
Da es seinen Ursprung in der Studiengangentwicklun hat, sind Teile der Modellbeschreibung auf akademische Lehre bezogen. Die Nutzung des AnKER-Modells für die Unterrichtsentwicklung an Schulen ist jedoch durchweg möglich und sinnvoll.
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